Montag, 31. Mai 2010

Erziehen? Klingt fast wie zensieren...

Nachdem ich gerade mal auf jugendschutz.net rumgewühlt hab und nebenbei auf Tipps für "sicheres Surfen" gestoßen bin - um genau zu sein dieses ( http://www.jugendschutz.net/pdf/Faltblatt_Surfen.pdf ) Faltblatt und mich erst königlich amüsiert hab, bin ich dann auf die "E-Mail für Kinder" Angebote gestoßen.

Um aus den "Antworten für Eltern/Lehrer/Erziehungsberechtigte" von bspw. http://grundschulpost.zum.de/ zu zitieren:

2. Von jeder E-Mail, die an eine Grundschulpost-Adresse geschickt wird oder von einer Grundschulpost-Adresse abgesandt wird, wird eine Kopie an eine erwachsene Bezugsperson gesandt. Dadurch wollen wir dem Missbrauch des Systems vorbeugen.

Mh nur um das richtig zu verstehen: Erziehung ist gar nicht so wichtig, wenn man Inhalte auch einfach vorab filtern kann. Außerdem braucht mein Kind im Grundschulalter sowas wie eine Privatsphäre noch überhaupt nicht. Und überhaupt, wo ist das Problem, immerhin bin ich Erziehungsberechtigt und das Balg gehört mir. Das zu einem Aufwachsen und verantwortungsbewussten Umgang mit den "neuen Medien" auch gehört, das man sieht, dass die Welt nicht "gut" ist wird wohl völlig außer Acht gelassen.
Es wäre doch auch eine Option meinem Kind die Möglichkeit zu geben im Netz Erfahrungen zu sammeln und diese Erfahrungen mit ihm zu besprechen - Naja - oder ich wähle eben die Erfahrungen aus.
Ich denk mal wieder an meine Kindheit zurück. Die bösen großen Halbstarken die auf dem Spielplatz rumgelungert sind und sich beleidigt haben scheinen mich irgendwie nicht so psychisch verwirrt zu haben, oder so sehr psychisch verwirrt zu haben, dass ich es wirklich als störend Empfunden hätte, wenn meine Eltern vorher meine Konversation mit meinen Freunden - oder eben auch diesen Halbstarken - gefiltert hätten. Oder wenn ich für private Korrespondenz jedesmal einen Aufpasser gehabt hätte.
Es ist sogar so: Ich bin dankbar dafür. Auch schlechte Erfahrungen die ich gesammelt habe, sind Erfahrungen die mich in meinem Leben weiter gebracht haben. Auch die sinnlosen, beleidigenden und verletzenden Wortgefechte oder kindlichen Prügeleien mit meinen Freunden oder ehemaligen Freunden gehören dazu. Auch über die habe ich gelernt - gelernt Worte einzuordnen, gelernt Spaß zu verstehen, gelernt Sarkasmus zu verstehen, gelernt Beleidigungen zu ertragen und gelassen zu reagieren, gelernt mich zu Artikulieren - und nicht zuletzt gelernt, dass es weh tut wenn man sich prügelt.

Aber nachdem ich die Hälfte davon sowieso schon angesprochen hab hier gleich noch der 3. Punkt:
3. Jedes Kind kann sich ein Adressbuch anlegen. E-Mail-Adressen, die in diesem Adressbuch verzeichnet sind, werden unmittelbar an das Kind weiter geleitet. Alle anderen E-Mails mit unbekannten Absenderadressen werden nicht direkt an das Kind durchgestellt. An die Elternadresse allerdings schon. Das Kind erhält nur die Absenderzeile, die Betreff-Zeile und einen Warnhinweis. Dann kann es selbstständig entscheiden, ob es die Absender-E-Mail-Adresse neu in das eigene Adressbuch aufnehmen und dann die E-Mail ansehen möchte oder nicht. E-Mails mit Spam und Viren werden außerdem vom System noch einmal getrennt vorab gefiltert.

Wie würden Mami und Papi eigentlich reagieren, wenn ich hingehe und ihre Post auf Viagra Werbung  untersuche, weil ich bin sie ja aus dem Netz gewohnt. Sie als "alte Leute" kennen das mit dem Netz nicht so, ich finde ich hab da einen Erziehungsauftrag. Wen interessiert schon das Brief/Fernmeldegeheimnis, wenn es um Verwandschaft geht - und dann auch noch unmündige - weil ich sie dazu erklärt habe oder sie es tatsächlich ist. Ich entscheide was gut und was schlecht ist und gebe meiner Umwelt die Gelegenheit nicht Erfahrungen zu sammeln. Wozu auch? Es reicht doch wenn ich eine Erfahrung für schlecht befunden habe.

Ich will nicht sagen: Gebt euren Kindern Gift und wartet was passiert - Ich will sagen: respektiert die Privatsphäre eurer Kinder und wenn euch was spanisch vorkommt: REDET MIT IHNEN. Ihr seid ihre Eltern verdammt nochmal, ihr habt eine Verantwortung euren Kindern gegenüber die ihr wahrnehmen müsst und keine Gott gegebene Zensurgewalt weil es so wunderbar bequem ist.

Hier eine "Verhaltensregel" von mail4kidz.de:

Wenn dir etwas komisch vorkommt oder Angst macht, sage sofort Bescheid

Wenn du bei Mail4Kidz eine E-Mail bekommst oder etwas liest, was dir komisch vorkommt oder Angst macht, sage deinen Eltern und uns sofort Bescheid.
Dafür gibt es auf jeder Mail4Kidz-Seite links im Menü den Punkt "E-Mail an Mail4Kidz". Schreibe uns, was passiert ist und wir werden versuchen, dir zu helfen.
DAS klingt vernünftig.

Auch hier gibt es zwar zu kritisieren, dass mit recht rigorosen Spamfiltern gearbeitet wird, allerdings ist das imho dadurch zu vernachlässigen, dass eigene "Whitelists" über die Freundesliste generiert werden können. Ich habe mich jetzt nur durch die Oberflächlichen Informationen mit den beiden Systemen beschäftigt, aber in meinen Augen gehört ein Verein wie bspw.  http://grundschulpost.zum.de/ schnellstens vom Netz genommen. Etwas derartiges auch noch "Erziehern" zur Verfügung zu stellen und diese wiederum zu Faulheit und Überwachungswahnsinn zu erziehen halte ich für keinen Ansatz der funktionieren darf - geschweigedenn sich etablieren darf.
 mail4kidz im Gegenzug klingt erstmal ganz vernünftig, aber wer mir hier Gegenteiliges beweist, dem werde ich sofort den gefallen tun und die Schleichwerbung ;) hier ins Nirvana verbannen.

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