Donnerstag, 29. April 2010

Offener Brief an das Kolleg der Schulbrüder Illertissen

[UPDATE: Fehler entfernt, thx]

Sehr geehrte Damen und Herren,

soeben habe ich auf der Internetpräsenz der Augsburger Allgemeinen Zeitung gelesen, dass sie eine Schülerin wegen ihrer Entscheidung aus der katholischen Kirche auszutreten von der Schule verweisen wollen.
Ich finde diese Entscheidung aus mehreren Gründen unhaltbar:

1. Bildung sollte kein Privileg für die sein, die es sich leisten können oder die einer bestimmten Rasse, Religion oder Nationalität angehören. Ihr Handeln halte ich für wesentlich absurder, da meinen Informationen nach auch Schüler andere Konfessionen haben und konfessionslose Schüler an ihrer Einrichtung unterrichtet werden.

2. Es ist geradezu absurd jemanden nach seinem Willen durch Zwangsausübung zu formen, ob dies nun eine Ideologie oder eine Religion ist tut dabei nichts zur Sache. Sie bestrafen hier ein Kind bzw. eine junge Erwachsene weil sie sich nicht länger mit der katholischen Kirche identifizieren kann. Weder wurde hier von einer Abkehr des Glaubens gesprochen noch sonst was, lediglich die - in diesem Fall wie eine Sekte, bspw. Scientology reagierende - katholische Kirche wurde verlassen.

3. Widerspricht es nicht jeglichem christlichen Gedanken andersgläubige zu bestrafen, geschweige denn ihnen die Bildung zu verweigern? Ihr Verhalten erinnert nicht an christliche Nächstenliebe, sondern an Missionierungsgedanken - welche zweifellos einige Zeit hinter uns liegen.

4. Ihr Verhalten sehe ich hierbei in einem gleichen Kontext wie das Aussperren von Personen aufgrund von Kleidung, Hautfarbe oder ähnlichen Gesichtspunkten. Wäre Religion ein "Rassenkennzeichen" würde ich hier den Begriff rassistisch Nutzen.

5. Ich sehe Sie hier in der Pflicht zu handeln und dafür zu sorgen, dass die betreffende Person weiterhin eine qualitativ gleichwertige Schulbildung erhält, ansonsten sehe ich mich gezwungen Sie öffentlich für dieses Versäumnis verantwortlich zu machen.

6. Sie bestrafen hier eine Person, die erwachsen wird und sich einen eigenen Willen anschafft. Eine Person, die nach ihrer Überzeugung handelt und selbstständig agiert. Etwas, das untrüglich zum Erwachsenwerden dazugehört. Ihre Reaktion bedeutet: "Dieser Wille muss gebrochen, oder die Person bestraft werden." Das halte ich für absolut untragbar.

Bitte Erläutern Sie mir doch Ihre Sicht der Dinge, denn ich bin gespannt, wie sie diese kindische Entscheidung rechtfertigen.
Diese EMail werde ich auf diversen Foren veröffentlichen, auf meinem Blog und an die Augsburger Allgemeine als offenen Brief senden. Ich hoffe Sie reagieren umgehend. Sie verhalten sich hier absolut mittelalterlich.

Mit freundlichen Grüßen,

David Dorst

7 Kommentare:

  1. Nach all dem Miss´brauch hat heutzutage bestimmt keiner mehr Lust überhaupt eine Konfession zu besitzen udn diese auch erhalten. Die heutige Religion ist nur noch Geldmacherei, Heuchlerisch und hat nichts mehr mit dem zu tun was eigentlich geleehrt wurde.
    Grüße aus Ulm V.H.P

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  2. Danke für diesen offenen Brief :)

    Ich "freue" mich schon auf all die Leute mit Bock-Gärtner-Unterscheidungsschwäche, die bestimmt bald darauf hinweisen, dass die Schülerin selbst schuld ist, wenn sie sich nicht an die Regeln hält und nicht so "stur" sein soll - kurz, die das Mädchen gewissermaße zum Heucheln um der Konvention wegen verpflichtet sehen. (Ich hatte in meiner Familie selbst mit Leuten zu kämpfen, die nicht einsehen wollten, dass ein Kirchenaustritt jemandes freie Entscheidung ist.)

    Gruß,
    julia

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  3. Sehr guter offener Brief. Kritisch formuliert aber nicht agressiv. Wurde der auch schon als Mail an die Schule geschickt? Mail-Adresse findest du zB in meinem Blog-Artikel über das Thema: http://www.esoterikwatch.org/wordpress/?p=430

    Liebe Grüße
    Frank

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  4. Ich finde den Brief etwas zu unsachlich und es geht manchmal unter die Gürtellinie, was ebenfalls kindisch ist. Es wirkt, als würde dort nur dem allgemeinen Trotz gegen die katholische Kirche Ausdruck verliehen.

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  5. @ Anonym:
    Allgemeiner Trotz eher nicht. Der Brief war schnell runtergetippt zum Zeitpunkt der Meldung. Es war mehr die Wut die da gesprochen hat weil mich sowas einfach nur grenzenlos ankotzt.

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  6. Hallo,

    nur durch Zufall stoße ich auf Ihren Eintrag.
    Zu Ihrer Beruhigung: die Schülerin ist noch bei uns.
    Die Presse hat mal wieder einen Sturm im Wasserglas entfacht, ohne darum von irgend jemand gebeten worden zu sein. Die Schülerin ist zu keinem Zeitpunkt "von der Schule geflogen."
    In einer Zeit, in der die Kirche keinen guten Stand hat (sexueller Mißbrauch etc.), ist es leicht, mit solchen Themen die Auflage zu steigern.
    Die Story war schlecht recherchiert. Leider bietet sie einen Anknüpfungspunkt für viele Selbstgerechte, die die Gelegenheit nutzen, um auch noch drauf zu schlagen. Sowas sollte man nicht voreilig tun.

    Besonders im Internet sollte man sich überlegen, was man verbreitet. Ich kann und will nicht alle Beiträge zu komentieren, die blindlings eine Zeitungsmeldung übernehmen.
    Der offene Brief ist übrigens am Kolleg nicht angekommen.
    Nachdem hier viele anonym schreiben, tu ich's auch. :-)

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  7. @Anonym:
    Gar kein Problem, Anonymes posten ist keineswegs eine Unsitte sondern durchaus erwünscht.

    Der Brief dürfte zumindest die Mailserver erreicht haben, da keinerlei Fehlermeldung oder Spamnotiz kam. Ob sie gelesen wurde kann ich nicht beurteilen, ist aber auch nebensächlich, nachdem ich Antwort der Diözese der Schulbrüder als Träger erhalten habe. Ich denk er hat die richtigen erwischt.

    Du bist außerdem "aus zufall" auf den falschen Post gestoßen (duzen ist im Netz btw. auch keine Unsitte, nur zu ;) ), hier:
    http://fascist-tendencies.blogspot.com/2010/05/erfreuliche-mails.html
    Ist die Antwort zu lesen.

    So aufgebauscht finde ich es gar nicht, wenn von einer "Einzelfallentscheidung" geschrieben wird. Eine Einzelfallentscheidung heisst nämlich nichts anderes, als dass auf den nächsten Schüler der gleiches tut eine neue Entscheidung über sein Schicksal zukommt.
    Eine klarere Regelung wäre zu sagen: Nachdem unsere Schüler in einem Religionsunmündigen Alter bei uns aufgenommen werden, bieten wir ihnen mit Vollendung des 14. Lebensjahres Unterstützung auf ihrem Lebensweg, egal für welche Religion/gegen welche Religion sie sich entscheiden.

    Damit wäre auch mein "Aufhängepunkt" oder wie man es auch immer nennen will beiseite gewischt. Dass bestimmte Regeln an der Schule etabliert werden, dagegen ist nichts einzuwenden, aber eine "Instrument Druck auszuüben" - eben durch bspw. die Möglichkeit eines Ausschlußes ist nicht nur "unmodern" - ein beliebter Kritikpunkt an kirchlichen Einrichtungen - sondern auch noch untragbar. Es geht hier um "das Leben" der Schüler, nicht darum wer nun den richtigen Gott hat.
    Auch hier kann ich nur mal wieder den Unterschied zwischen Glaube und Religion hervorheben. Glaube ist etwas positives, Religion leider viel zu oft etwas dogmatisches.

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