Dienstag, 15. Juni 2010

Öffentlicher Druck und unabhängige Entscheidungen

Die endliche Geschichte um das Kolleg der Schulbrüder Illertissen erhält ein weiteres Kapitel.
Nachdem sowohl bei Laser87 als auch bei mir ein Kommentar aufgelaufen ist, die Presse habe alles nur aufgebauscht, möchte ich doch noch einmal zu der ganzen Geschichte Stellung nehmen.

Es mag sein, dass die Geschichte bereits vor der Möglichkeit eine Entscheidung zu treffen von der Presse "aufgebauscht" wurde. Naja, es mag nicht nur sein, es ist sogar der Fall.

Ist das ein Problem?
In diesem Fall: Nein. Warum sollten wir erst auf eine Entscheidung warten, wenn es um eine Entscheidung geht die überhaupt nicht getroffen werden darf? Es ist geradezu absurd zu erwarten, dass wir die Füße still halten um nach der Entscheidung - die auch ein Schulausschluß hätte sein können - zu sagen "Das darf ja aber eigentlich nicht sein". Der Weg ist - hier - der umgekehrte. Wir sagen erst was wir nicht wollen, und was wir nicht akzeptieren können und betrachten danach die Entscheidung, ob wir gegen sie vorgehen wollen oder sogar müssen. In diesem Fall ist für die Schülerin ja alles glimpflich verlaufen, dies hätte aber auch anders kommen können. Um nochmals aus der Antwortmail der Diözese Augsburg zu zitieren:
[...]die Schülerin kann den Schulbesuch in Illertissen ohne jede Form der Beeinträchtigung fortsetzen. Der Schulträger hat die konkreten Umstände geprüft und eine Einzelfallentscheidung getroffen. 

Hier ist in meinen Augen nichts anderes herauszulesen als:
"Diese Schülerin hatte das Glück, das wir nichts tun können (oder wollen). Der nächste hat dieses Glück eventuell nicht". Korrigiert mich wenn ich falsch liege, aber ist es nicht genau das was eine "Einzelfallentscheidung" aussagt?
So erfreulich diese Äusserung bzw. diese Verhaltensweise auch ist (als Einzelfall ;) ) so sehr fehlt das Zugeständnis an junge Erwachsene das eigentlich von Nöten ist:
"Wir unterstützen euch auf eurem Lebensweg, ob er nun mit oder ohne unserem Gott begangen wird."

Ginge es hier um Nachbars Fifi-Dackelzüchter-Verein wär mir der Ausschluß, weil Mitglied Meier seinen Dackel nicht als den einzig wahren Gott anerkennt, relativ egal, aber wir reden hier immerhin von einer höheren Schule. Einem Gymnasium. Sollte man nicht gerade an Schulen die auch Geisteswissenschaften - oder sogar besonders Geisteswissenschaften lehren tolerant und verständnisvoll genug sein zu akzeptieren und ich meine Grundlegend zu akzeptieren, dass junge Erwachsene irgendwann religionsmündig werden und zur freien Wahl der Religion eben auch ein verlassen dieser gehört?
Ich verstehe hieran so einiges nicht.
1. Wieso muss ich jemand meine Religion aufzwingen oder aufdrücken, der ihr nicht angehören will? Ich würde ja auch komisch schauen wenn jemand in meinen SKAOS Fanclub eintritt der mit der Band so überhaupt nichts anfangen kann.
2. Wieso muss jemand meiner Religion angehören um ein gleichwertiger Mensch zu sein?
3. Wenn es nicht darum geht, dass ein "nicht angehöriger meiner Religion" kein gleichwertiger Mensch ist wieso ziehe ich überhaupt in Erwägung oder halte mir überhaupt eine Option frei ihn von meiner Erziehung bzw. von der Bildung auszuschließen die er von mir erhalten könnte?

Warum keine Grundsatzentscheidung die sagt: Sobald die Religionsmündigkeit erreicht wurde, steht $Schüler frei seinen eigenen Weg zu gehen.
Für mich persönlich würde eine derart "liberale" Haltung das Bild der Kirche zumindest ein Stück weit sanieren und ganz deutlich ein Zeichen für ein Miteinander setzen.

Um nochmal auf den eigentlichen Fall einzugehen:
Hier ist angenehmerweise sowohl für die Schülerin als auch für die "selbsternannten Unterstützer" alles gut gelaufen. Wenn der öffentliche Druck dazu nicht nötig gewesen wäre - umso besser, aber die Kommentare von "Anonym" sprechen imho eher eine andere Sprache. Einerseits ist richtig, dass wir eine "freie Entscheidung" vielleicht behindert haben, andererseits dürfte diese Entscheidung in meinen Augen nicht frei sein.

Um nochmal auf meine Antwort zurück zu kommen:
Wenn es nun um Rechtsprechung ginge wäre es absolut meine Meinung, dass die Richter sich ein unabhängiges Bild unbeeinflußt von den Medien machen sollten. Darum geht es aber nicht. Es geht hier um eventuellen Trotz einer von allen Seiten subventionierten Organisation - der Kirche - konkret des Kolleg der Schulbrüder Illertissen - der von vornherein unterbunden werden sollte. Lebt die Nächstenliebe und lehrt auch die mit anderen Ansichten. Welches größere Ziel kann man erreichen als sein Wissen an die Weiterzugeben, die es hören und aufnehmen wollen? Und wie weit kann man tiefer sinken, als wenn man in Betracht zieht jemandem dieses Privileg aufgrund der Religionszugehörigkeit zu verwehren?

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