23.11.2008
Sehr geehrte Frau Mattheis,
angenehmerweise hatte ich schon die Möglichkeit sie vor einigen Jahren auf einer LAN-Party kennen zu lernen, wo sie sich nach eigenen Angaben ein Bild der "Zocker" machen wollten. Um diese Diskussion bin ich ihnen heute noch dankbar.
Aber genau das bringt mich auf meine Frage. Anscheinend interessiert es sie ja einigermassen, was in den Leuten vorgeht, die sie im Bundestag vertreten. Wie können sie Angesichts der Tatsache, dass nun 86 Millionen dt. Staatsbürger unter generellen Terrorverdacht gestellt werden den StaSi gesetzen - sprich der BKA-Novelle - zustimmen?
Bedeuten ihnen in dieser Demokratie Grundrechte wie Freizügigkeit und ein Recht auf Privatsphäre überhaupt nichts oder halten sie die Fahnder für über alle Zweifel erhaben, dass es ihnen möglich gemacht werden soll, quasi ohne jegliche Kontrolle nach gutdünken unbescholtene Personen zu bespitzeln?
Ich weiss, dass der StaSi vergleich gern abgeschmettert wird, mit den Worten wir seien doch "Spinner" die das Gesetz nicht verstehen, oder sogar "Personen die für den Terror sind". Das ist aber so nicht ganz richtig, ich verstehe nicht das Gesetz nicht, ich verstehe die Notwendigkeit der Abschaffung unserer Grundrechte nicht. Ich verstehe nicht wie man einen Polizeilichen Geheimdienst mit derartiger Macht ausstatten kann, wenn man sich auch nur 2 Minuten mit der deutschen Vergangenheit beschäftigt hat - und das VERSUCHE ich zu verstehen.
Wo ist die Terrorgefahr denn? Wo sind die Strassenzeilen die in die Luft fliegen um ein derartiges Gesetz zur Notwendigkeit zu erklären?
Und eine Befristung gewisser Befugnisse - nunja, reden wir nicht um den heissen Brei, die Notstandsverordnungen zu RAF-Zeiten wurden auch nicht abgeschafft. Einmal verabschiedet wird dieses Gesetz unsere Demokratie auf Ewigkeiten untergraben.
Wie können sie das Verantworten, das ist meine Frage?!
Antwort von Fr. Hilde Mattheis am 26.11.2008:
Sehr geehrter Herr Dorst,
nach reiflicher Abwägung bin ich zu dem Entschluss gekommen, für das BKA-Gesetz zu stimmen. Ob es uns passt oder nicht: die neuen Gefährdungslage durch den internationalen Terrorismus erfordert erweiterte Kompetenzen des Bundeskriminalamtes zur Gefahrenabwehr. Die SPD hat bei den Verhandlungen mit der Union durchgesetzt, dass bei den operativen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr Aspekte des Datenschutzes miteinbezogen werden und die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts eingehalten werden.
Das Bundeskriminalamt erhält zunächst die operativen Instrumente, die sich auf Länderebene bereits bewährt haben. Dazu gehören unter anderem erkennungsdienstliche Maßnahmen, Observationen, Rasterfahndung, der Einsatz Verdeckter Ermittler und die Wohnraumüberwachung. Neu ist nur der "verdeckte Eingriff in informationstechnische Systeme", die sogenannte Onlinedurchsuchung. Es ist evident, dass international agierende terroristische Netzwerke auf Fernkommunikation angewiesen sind. Gleichermaßen evident ist, dass eine effektive Gefahrenabwehr nur gewährleistet ist, wenn die Sicherheitsbehörden in die Kommunikationswege derartiger Gruppen eindringen können. Entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ist die Verdeckte online Durchsuchung nach der nun gefundenen Regelung nur zulässig bei Gefahren
für Leib, Leben oder Freiheit einer Person, oder
für solche Güter der Allgemeinheit, deren Bedrohung die Grundlage oder den Bestand des Staates oder die Grundlagen der Existenz der Menschen berührt.
Der Eingriff muss durch das zuständige Gericht angeordnet werden. Eilbefugnisse können durch den Präsident des BKA oder seinen Vertreter erteilt werden, wenn "Gefahr im Verzug" herrscht und der Richter unerreichbar ist. Die Befürchtung, dass der Präsident des BKA unzulässig von seiner vorläufigen Kompetenz Gebrauch macht, teile ich nicht. Die SPD hat in den Verhandlungen erreicht, dass in der Auswertungsphase von Online-Durchsuchungen der Datenschutzbeauftragte des BKA hinzugezogen werden muss. Hat er Bedenken, muss das Gericht über die Frage von Datenlöschungen entscheiden.
Angesichts diese Ausgestaltung des BKA-Gesetzes, über das fast ein Jahr lang verhandelt wurde, habe ich dem Gesetz in der 2./3. Lesung zugestimmt.
Mit freundlichen Grüßen
Hilde Mattheis
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