Sehr geehrte Damen und Herren,
ich hatte mich bereits am Donnerstag den 29.April 2010 in einem Brief an sie gewandt, in dem ich ihr Vorgehen in Bezug auf die 10. Klässlerin, die sich entschied die Kirche zu verlassen bemängelte. Nachdem ich nun einen „Focus“ Bericht über die Beschädigung des Vertrauensverhältnisses gelesen habe, sehe ich mich gezwungen ihnen noch eine Mail zukommen zu lassen ohne auf Antwort auf die erste zu warten.
Sie sprechen davon, dass der Kirchaustritt nicht nur eine Formalie ist und der Fall anders liegt, wenn man die Kirche bewusst verlässt, als wenn man von Anfang an nicht dazu gehört. Dies mag zwar theoretisch richtig sein, aber wie frei war die Entscheidung der betroffenen Schülerin getauft zu werden? Im Klartext war die Schülerin von klein auf und ohne ihre Einwilligung erstmal Mitglied der Kirche. Zu ihrer taufe nehme ich an wurde sie nicht gefragt „ob ihr das so in den Kram passt“.
Nun ist sie 17 und hat einen freien Willen entwickelt. Sie hat sich aus freien Stücken, vermutlich der ersten selbstständigen Entscheidung ihrerseits in Bezug auf das Thema Kirche und Religion, dazu entschieden die Kirche zu verlassen. Sie hat sich nicht dazu entschieden ihre Schule zu verlassen. Der Unterschied ist also, dass die Schülerin im Gegensatz zu den Konfessionslosen und Muslimen die freie Entscheidung getroffen hat der katholischen Kirche den Rücken zu kehren – bei ihrem Verhalten wie ich finde nicht sonderlich verwunderlich. Ich würde mir auch „schleunigst neue Freunde suchen“ wenn die alten versuchen würden mir ihren Willen unter Androhung von Konsequenzen aufzuzwingen.
Es wird desweiteren angeführt, dass das Vertrauenensverhältniss beschädigt sei, da sich die Mutter der Schülerin an die Presse gewandt habe. Diese Beschädigung kann ich leider nicht sehen. Eine Mutter reagiert darauf, das man ihrer Tochter die Weiterbildung verweigern will und eine endlose Bürokratische Maschine in gang setzt um sie nach allen Regeln der Kunst loszuwerden. (Sie können nicht einerseits sagen „Hier geht es um was Grundsätzliches“ und andererseits „Auf das wir natürlich nicht reagiert hätten, wäre sie nicht an die Presse gegangen“.)
Ich finde ihre Reaktion weiterhin beachtlich. Es hat immer mehr was von einem Kind dem man sein Spielzeug geklaut hat. Wie leicht hätten sie hier Pressewirksam präsentieren können wie Modern und aufgeschloßen katholische Privatschulen sind? Sie hätten nicht mehr tun müssen, als dementieren, dass ein Schulausschluß überhaupt im Raum steht und die Schülerin öffentlich einladen können auch weiterhin an der Schule zu lernen bis sie ihr Abitur abgeschlossen hat. Das sie dazu aus falschem Stolz oder Verbohrtheit nicht in der Lage waren ist nun wirklich nicht einer Schülerin anzurechnen sondern ausschließlich ihr eigener Fehler.
Zu guter letzt verstehe ich auch nicht wie sie das Verhalten der Mutter der Tochter zur Last legen können. Immerhin ist sie es, die an ihrer Schule unterrichtet wird, nicht die Mutter. Immerhin ist es ihr Leben mit dem hier stumpfe Politik betrieben wird. Selbst wenn wir es der Mutter ankreiden, dass sie sich an die Presse gewandt hat, halte ich Sippenhaft für minimal überholt (Mittelalterlich war der genutzte Ausdruck der letzten Mail). Und hier einen Bruch des Vertrauensverhältnisses zu sehen halte ich sogar für Absurd. Immerhin hat sich die Schülerin offensichtlich nicht aus freien Stücken von ihrer Schule abgewandt. Könnte es ein größeres Kompliment geben als zu sagen „Ich stehe zwar nicht hinter der Religion, aber ich respektiere die Bemühungen und die Arbeit der unterrichtenden Lehrer und würde gerne unabhängig von absurden Glaubensdifferenzen an ihrem Unterricht teilnehmen“?
Sie katapultieren sich in meinen Augen immer weiter ins Abseits und ich werde sie weiterhin beobachten. Mit Spannung verfolge ich auch den Plan einiger ihrer Abiturienten nach bestandenem Abitur die Kirche zu verlassen. Das haben sie sich selbst zuzuschreiben. Sie vergraulen ihre eigenen Schüler aus der Kirche und versuchen sie mit Zwangsmaßnahmen bei der Stange zu halten.
Es würde mich zu guter letzt Interessieren wie sie eigentlich zu Artikel 4 Abs. 1 des GG stehen. Ich erlaube mir zu zitieren:
Artikel 4
(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
In Erwartung einer Antwort verbleibe ich mit freundlichen Grüßen,
David Dorst
PS:
1.auch diesen Brief werde ich veröffentlichen im TU-Forum & auf meinem Blog
2.Link zum Artikel d. Focus: http://www.focus.de/schule/schule/unterricht/religion/schulverweis-wegen-kirchenaustritt-die-vertrauensfrage_aid_503506.html
[UPDATE: ein weiterer Brief, der gern als Textvorlage genutzt werden kann]
Mein Brief:
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit massiven Bedenken und grenzenloser Ablehnung begegne ich Ihrer Entscheidung, eine Schülerin der Schule zu verweisen, weil sie aus freien Stücken aus der Kirche ausgetreten ist. Dabei ist es weniger der Ausschluss der Schülerin an sich, welcher schon schlimm genug wäre, vielmehr ist es die Doppelzüngigkeit, mit der Sie im gleichen Atemzug rechtfertigen, dass konfessionslose und andersgläubige trotzdem die Schule besuchen dürfen. Das ist zwar an und für sich sehr löblich, allerdings messen Sie hier mit zweierlei Maß. Es ist eben nichts anderes, ob man vor dem Schulbeitritt einem anderen oder keinem Glauben angehört, oder sich bewusst von der Kirche abwendet. Das Ergebnis ist dasselbe. Mit Ihrem Entschluss, die Schülerin der Schule zu verweisen, setzen Sie diese massiv unter Druck, ich möchte sogar so weit gehen, dies Erpressung zu nennen.
Zudem ist es einfach zu behaupten, dass die Mutter die Schuld trage, die den Fall an die Presse gereicht hatte. Ich halte es für möglich, dass diese sogar zunächst das Gespräch mit Ihnen gesucht hatte und Sie sich nun schlichtweg mit einer solchen faulen Ausrede aus der Affäre ziehen wollen. Wer glaubt schon einer einzelnen Mutter ihre Aussage, dass sie das Gespräch gesucht hatte, wenn die gesamte Diözese dagegen hält? Da die Mutter Sie wohl auch darum gebeten hatte, die Schülerin in Zukunft am Ethikunterricht teilnehmen zu lassen, gehe ich einfach auch davon aus, dass das Gespräch gesucht, aber abgeschmettert wurde.
Ich will mit dem Brief an Sie gar nicht erreichen, dass die Schülerin wieder an ihrer Schule aufgenommen wird. Letztlich hat die Schülerin nun die Chance gehabt, das wahre Gesicht Ihres Vereins zu sehen. Heuchelei und Selbstmitleid steht ihnen allerdings nicht, wie ich in einem Bericht der Zeitschrift „Focus“ sehen konnte. Dabei wären Vorfälle wie dieser die beste Gelegenheit zu zeigen, dass die Kirche nicht aus einem Haufen verbohrter und mittelalterlicher Gläubiger, ja beinahe Fanatikern, besteht. Die Kirche hätte ihr doch sehr gebeuteltes Image öffentlichkeitswirksam aufpolieren können. Stattdessen zeigt sie aber, was sie wirklich ist. Eine veraltete Institution, die in der heutigen Zeit einfach so nichts mehr verloren hat.
Sie können davon ausgehen, dass ich meinen Kirchenaustritt unmittelbar umsetzen werde. Und ich bin mir sicher, es werden noch viele folgen. Dies haben sie sich selbst zuzuschreiben, denn auch ich kann mich mit ihrer Sammlung von starrköpfigen Lügnern nicht mehr identifizieren. Der Unterschied hier ist aber: Sie können mir mit keinerlei Konsequenzen drohen, außer vielleicht der ewigen Verdammnis im Reiche Satans. Aber ich bin bereit, dieses Risiko auf mich zu nehmen, da ich mich dort wohl sowieso wohler fühlen werde. Die Aussicht mit Entscheidungsträgern Ihrer Institution die Ewigkeit verbringen zu müssen, bereitet mir nämlich keinerlei Freude. Denn die Ewigkeit ist verdammt lange, wenn man sie so verbringen muss. Außerdem haben sie in der Hölle Kabelfernsehen.
Mit freundlichem Gruß
Benjamin Schäfer
Das Traurige ist ja daß zB das Antidiskriminierungsgesetz (Allgemeines Gleichstellungsgesetz) ausdrücklich NICHT für die Kirchen gilt. Die dürfen diskriminieren. Die Verfassung gilt da eh weniger als die Bibel.
AntwortenLöschenDas gilt zwar erstmal für Arbeitnehmer in kirchlichen Einrichtungen die dem Gesinnungsterror der Kirchen ausgesetzt sind aber kann auch auf die Schülerin übertragen werden.
Ich quote mal
§ 9
Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder Weltanschauung
(1) Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften, die ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform oder durch Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion oder Weltanschauung zur Aufgabe machen, auch zulässig, wenn eine bestimmte Religion oder Weltanschauung unter Beachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft oder Vereinigung im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht oder nach der Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt.
(2) Das Verbot unterschiedlicher Behandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung berührt nicht das Recht der in Absatz 1 genannten Religionsgemeinschaften, der ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform oder der Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion oder Weltanschauung zur Aufgabe machen, von ihren Beschäftigten ein loyales und aufrichtiges Verhalten im Sinne ihres jeweiligen Selbstverständnisses verlangen zu können.
Sprich die Kirchen brauchen sich nicht an Gesetz zu halten. Kranke Gesellschaft. Ich kenne genug Menschen welche in kirchlichen Einrichtungen arbeiten müssen (heute kann man sich das nicht aussuchen), ob als ErzieherInnen, Lehrer, Pfleger oder Mediziner. Die verzichten halt auf ihre Rechte um ihr Überleben zu sichern. Demokratisch ist das nicht. Aber die Kirchen sind halt nie ein Ort der freien Menschen gewesen.
Liebe Grüße
efka
Ich mach mal munter weiter mit dem Crossgeposte ;)
AntwortenLöschen>Gleichbehandlung wäre auch erreicht wenn alle
>Personen ohne Konfession oder mit einer
>anderen Konfession abgelehnt würden, aber
>jeglicher Willkür Tür und Tor öffnen halt ich
>für Fraglich.
Ja wenn sie sagen würden "wir nehmen nur Katholen" dann wäre das Problem ja nicht existent. Aber als einziges Gymnasium ist das ja nicht durchführbar. Ansonsten müsste man den Laden gleich dichtmachen.
>Atm. ham wir ne Anfrage an den AK Recht der PP
>raus und hoffen da auf ne Bewertung die uns
>sagt wir verfolgen das weiter oder wir machens
>weiterhin inoffiziell über “uns selbst” um eben
>zumindest einen öffentlichen Druck zu
>erreichen.
Das ganze Thema nach Außen zu tragen ist natürlich wichtig. BTW wäre das auch was für die Haupt-ML auch wenn da momentan Bingen ein wenig Vorrang hat (Verständlich) und dort ja eh mehr Unsinn und Geflame als alles andere drin ist.
Das Thema ist ja auch aus dem Komplex "Bürgerrechte" aber wird ja immer heiss diskutiert. Eine Bekannte von mir, selbst ev. Theologin und ebenfalls Mit-Piratin, ist sich selbst nicht sicher wie man diese Geschichte bewerten kann. Kirchenrecht und weltliches Recht sind da inkompatibel sodaß es immer auf den "Entscheider" ankommt.
Im übrigen ist die Hölle im Katholizismus seit 2 Jahren abgeschafft :D und war angeblich nie offizielles Dogma des Katholizismus ;) Aber die haben nicht nur Kabel-Fernsehen sondern auch die ganzen coolen Leute. Wie ich immer sage: Lieber mit Jimi Hendrix, Jim Morrison und anderen an einem warmen Ort jammen als sich mit der doofen Harfe auf ner Wolke den Hintern abfrieren :D
Beste piratische Grüße
Frank